Donnerstag, 23. Februar 2012

Kunst und Kunden per Klick

Beim zweiten Anlauf hat alles geklappt, zumindest aus technischer Sicht. Als die Online-Kunstmesse VIP Art Fair 2.0 am 8. Februar um Mitternacht ihre „Tore“ schloss, zeigten sich die Veranstalter zufrieden. Immerhin konnten sie für den 7-tägigen Event rund 73.000 registrierte Besucher vorweisen und feiern sich jetzt als „the leading online platform for contemporary art“. Doch was hat die virtuelle Messe den Protagonisten gebracht?

Gesehen bei Eigen + Art:
Skulptur von Neo Rauch.
Courtesy Galerie EIGEN + 
ART Leipzig/Berlin 
Photo: Uwe Walter, Berlin 
Aus Sicht des kunstinteressierten Publikums – Kunst frei Haus. Mit 1.500 gezeigten Arbeiten von 1.100 Künstlern war für jeden Geschmack und Geldbeutel etwas dabei. Ohne Kosten gemütlich vom Sofa aus anschauen, reservieren, chatten und shoppen. Das geht bei echten Messen natürlich auch, aber da kommen Anfahrt, Hotel und Eintrittsgelder dazu. Spielt Geld keine Rolle, bleibt immer noch der Zeitaufwand. Der Online-Nachteil: Hat man sich erst einmal mit seinem Namen und seiner E-Mail-Adresse registriert, hinterlässt man Spuren. Und zwar überall dort, wo man eine Arbeit angeklickt hat. Früher oder später befinden sich dann entsprechende Angebote im E-Mail-Postfach. Das mag dem einen oder anderen egal sein, irgendwie beobachtet fühlt man sich dennoch. „Schließlich will man ja nicht gleich alles kaufen, was Interesse weckt“, erzählt eine neugierige Messebesucherin, die während der VIP Art Fair bereits Post erhielt. Einfach mal unbehelligt über die Messe bummeln, ist online nicht drin.

Gesehen bei Thomas Modern:
Hope von Robert Indiana
Copyright VG Bild-Kunst Bonn, 2011,
Galerie Thomas Modern
Aus Sicht der Aussteller – neue weltweite Kontakte und im besten Fall Umsätze. Die Spannung unter den Messeteilnehmern war groß, die Erwartungen möglicherweise auch. Laut Angaben der Veranstalter brachte es die Website auf 150.000 Visits aus 155 Ländern. Demnach war jeder registrierte Besucher im Durchschnitt wenigstens zweimal auf der Messe. Gute Besucherzahlen bestätigt auch Eigen + Art: „Wir konnten viele Interessenten sowie gute und neue Kontakte auf unserem Stand verzeichnen und haben sehr konkrete Nachfragen zu einzelnen Arbeiten“. Hier lobt man vor allem das Raumangebot im Vergleich zu anderen Messen, das die Möglichkeit bot alle Künstler der Galerie zu präsentieren. Bei Johann König zeigt man sich zwar ganz zufrieden mit der Messeteilnahme (eine Installation von Michael Sailstorfer wurde noch während der Messe verkauft), hat aber den Eindruck, dass „deutlich weniger potentielle Sammler unterwegs waren“. Auch die neuen Kontakte und direkten Interaktionen seien bei dieser Ausgabe der VIP Art Fair geringer. Ähnlich erging es Thomas Modern: „Neue Kontakte gibt es, aber die Chatfunktion wurde eher selten genutzt.“ Einer der Nachteile: Ist ein Interessent da und macht sich nicht bemerkbar (via Chat oder E-Mail), kann man ihn auch nicht direkt ansprechen.

Vielleicht müssen wir alle umdenken – die Macher, die Teilnehmer sowie die Besucher. Und uns in der virtuellen Welt vom klassischen Messekonzept verabschieden, wenn eine Online-Messe langfristig alle glücklich machen soll. Letztendlich schaffte es eine Art Basel (und die gehört in der Tat zu den führenden Kunstmessen weltweit) im letzten Jahr an nur fünf Messetagen 65.000 Besucher aus der ganzen Welt vom Sofa zu locken.

Fortsetzung folgt:
VIP Paper vom 19. bis 21. April
VIP Photo vom 12. bis 14. Juli
VIP Vernissage vom 20. bis 22. September 



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