Das macht eine Artschwager Retrospektive, wie sie derzeit im Münchner Haus der Kunst gezeigt wird, so spannend, so abwechslungsreich und auch so amüsant. Da hängt doch ein Portrait von Osama Bin Laden neben einem von George W. Bush und dreimal dürft ihr raten, wer von beiden zufriedener aussieht. Gemalt hat sie der Amerikaner auf Dämmstoffplatten, was dem Ganzen einen eigenen Charakter gibt. Das Material macht die Werke unscharf und den Blick darauf konzentrierter. Ähnlich ergeht es einem bei seinen Möbeln: unbespielbare Pianos, Bänke und Tische, an denen man gar nicht sitzen kann, und Kommoden, in die nichts hineinpasst. Dinge, die keinen Sinn ergeben und vielleicht gerade deswegen herausfordern genauer hinzuschauen. Oder das Ausrufezeichen als Satzzeichen ohne Satz hängt es überdimensioniert von der Decke. Nicht genug, dass es als Zeichen an sich schon eine starke, betonende Wirkung hat, ist es auch noch knallgelb. Wow! Und wenn der Wiener Philosoph Robert Pfaller in einem Interview (Monopol 11/2013) sich von den Künstlern eine Kunst wünscht „... , die für nichts anderes gut ist als für sich selbst ...“ und ihr die politisch wichtige Funktion zugesteht „... die Leute daran zu erinnern, dass auch sie nicht immer zu irgendetwas nützlich sein müssen“, dann tut Artschwager uns allen seit Jahrzehnten einen großen Gefallen.
Der humorvolle Querdenker, der „philosophierende Schreiner“ (so wird er gerne bezeichnet, er hat nämlich neben einem Biologie-, Mathematik- und Chemiestudium auch noch eine Tischlerausbildung absolviert) und dreimaliger documenta-Teilnehmer (1968, 1982 und 1992) verstarb Anfang des Jahres im Alter von 89 Jahren. Das Whitney Museum in New York zeigte noch zu seinen Lebzeiten diese Retrospektive, die jetzt bis 26. Januar 2014 im Haus der Kunst zu sehen ist.
Tipp: Trefft euch zu einem Cocktail in der Goldenen Bar und lasst euch danach durch fünf Jahrzehnte Artschwager führen. Der nächste Kunst-Cocktail ist am 28. 11. 2013. Vielleicht habt ihr ja dann Lust auf einen eigenen „blp“ und wollt eure vier Wände damit tapezieren oder draußen irgendwo anbringen – Inspirationen liefert dieses Video. Eine Version zum Aufkleben kann man in der Museumsbuchhandlung ab 50 Euro kaufen. Aber Achtung: Der schwarze Punkt ist ganz schön dominant und bleibt selten allein.
Bildnachweise/Photocredits:
Oben: Richard Artschwager, Locations, 1969; Formica on wood; and five blps made of wood; glass; Plexiglass; mirror; and rubberized horsehair, with Formica; Dimensions variable; Edition no. 84/90, Published by Brooke Alexander Editions and Castelli Graphics; Whitney Museum of American Art, New York; purchase with funds from the Dorothea L. Leonhardt Foundation, Inc. 94.52a-f; Copyright VG Bild-Kunst, Bonn 2013; Photograph by James Dee; courtesy Brooke Alexander, Inc.
Mitte v.l.n.r.: Piano Grande, 2012; Foto: Jutta Kautny; Richard Artschwager, Exclamation Point (Chartreuse), 2008; Plastic bristles on a mahagony core painted with latex (165,1 x 55,9 x 55,9 cm); Gagosian Gallery, New York; Copyright VG Bild-Kunst, Bonn 2013; Photo: Robert McKeever; Richard Artschwager, Sitting and Not, 1992; Acrylic and Formica on Celotex with painted wood frame (190,5 x 149,9 cm); Collection of Harriet and Larry Weiss; Copyright VG Bild-Kunst, Bonn 2013; Photo: Adam Reich; Richard Artschwager, Skulptur, Anfang 1990; Foto: Jutta Kautny
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